Freiheit!

Nein, ich bin nicht tot, auch liege ich nicht im Koma, und meine Hände sind auch nicht beide gleichzeitig gebrochen. Dass ich ganze fünf Tage mit diesem Post habe auf mich warten lassen liegt daran, dass am Samstag mein DSL-Modem abgeraucht ist und ich erst heute ein neues erwerben konnte.
Trotzdem, ich hatte den gesamten Sonntag lang kein Internet, und die Entzugserscheinungen machen sich jetzt noch bemerkbar. Immerhin hat das neue Gerät auf Anhieb funktioniert, die Leute im T-Punkt schienen sich zumindest besser auszukennen als die an der Hotline ("Das Modem hängt am Strom, allerdings sind alle Lichter aus, scheint kaputt zu sein." - "Ja, im Moment gibt es eine Störung, wir sind aber dabei sie zu beheben."). Jedenfalls ging die Kenntnis soweit, dass die Spezifikationen auf der Packung konsultiert wurden um zu überprüfen ob das Gerät auch meinen Erwartungen entspricht. Und dass man nicht versucht hat mir irgendwelchen überflüssigen Schnickschnack aufzuschwatzen, sondern mir auch wirklich nur das Modem ohne W-LAN oder Router oder sonstigem Gedöns gegeben hat das ich gefordert hatte, macht mir die Angestellten direkt sympathisch. Doppelt und dreifach sympathisch, weil das Teil sogar funktioniert, und das völlig ohne Probleme. Und es ist auch noch kleiner als sein Vorgänger, und sieht gar nicht so übel aus. Dunkelgrau statt dem vergilbten Telekom-Weiß. Wenn nur die beiden Löcher auf der Rückseite noch einen halben Zentimeter weiter auseinander wären, hätte man es auf die alten Schrauben hängen können. Aber fast perfekt ist auch nicht schlecht, und man kann schließlich nicht alles haben.
Das Leben ohne Internet ist aber auch seltsam. Da hat man solch eine Fülle an Informationen (und hirnlosen Wegen sich die Zeit zu vertreiben), und merkt erst wie selbstverständlich sie ist, wenn sie denn weg ist. Und andauernd hat man das Bedürfnis Dinge zu tun, die ohne Internet nicht machbar sind, und sei es nur die Emails abzuholen. Auch wenn man also keinen Zugang dazu hat, das Internet ist andauernd spürbar, bleibt stets in der Nähe, nur gerade außer Reichweite, und man fragt sich wie man eigentlich damals überlebt hat, als man noch keinen Internetanschluss hatte.
Ohne Internet nimmt auch die Benutzungsdauer des PCs rasant ab. Diese ganzen kurzen Handlungen die sich erst durch ihre Masse bemerkbar machen fehlen völlig (Mails abholen und lesen, in ICQ neue Nachrichten beantworten, sich durch diverse Foren lesen, nachsehen ob bei bash oder germanbash neue Einträge stehen, fremde Blogs lesen, Posts im eigenen Blog verfassen, gucken was im Fernsehen so läuft, sowie diverse Webcomics, die ich sicher nicht alle verlinken werde), so dass man viel weniger Zeit vertrödelt als üblich. Und wenn um Mitternacht keine Foren zur Hand sind in denen man lesen kann, dann schaut man eben schonmal den Poetry Slam im WDR.
Das wird mir aber in Zukunft erspart bleiben. Schließlich habe ich sie jetzt wieder, die Freiheit das Internet nicht zu benutzen und mich Sinnvollerem zuzuwenden. Aber auch die Freiheit, mich, wann immer ich will, wieder dem Zeitfresser Internet zuzuwenden. Und da auch mit gebrochenen Händen ein Computer zu bedienen sein sollte, bleibt mir diese Freiheit hoffentlich noch so lange erhalten, bis ich dann wirklich tot bin.