Museen²

Samstag, 20. Dezember 2008
"Außerdem waren wir noch im War Panorama, [...] das eigentlich einen eigenen Beitrag verdient hätte"
Und hier ist er jetzt, dazu kommt noch der ganze Kram der im letzten Post gefehlt hat.
Am Tag als wir im War Panorama waren hatten wir einen Kleinbus und eine Führerin zur Verfügung, der Ablauf war im Vorhinein geplant worden, wir zwei Idioten hatten also nur wenig Vorstellung davon was uns denn nun erwarten würde.

Den Anfang machte die Zitadelle, eine mittelalterliche Befestigungsanlage die eine ganze Ecke höher liegt als der Rest Kairos. Ursprünglich bestand sie aus zwei Teilen die über eine Brücke miteinander verbunden waren, die wurde aber inzwischen eingerissen um Platz für die Autobahn zu machen.
Wie dem auch sei, seitdem die Zitadelle für die Stadtverteidigung relativ wertlos ist wurde sie umfunktioniert, und beherbergt nun eine schmucke Moschee. Die ist von außen aber wesentlich hübscher als von innen, drinnen darf man nämlich nur barfuß rumlaufen, und wenn das täglich ein paar hundert Touristen tun, dann sieht es da auch entsprechend aus.

Nach einem kurzen Abstecher zu einem aus der Ferne pompös wirkenden Gedenkplatz für die Gefallenen des Oktoberkrieges, samt verkleideten Soldaten (zwei als Krieger aus pharaonischen Zeiten, zwei als Mameluken) sowie einem nicht Verkleideten der wohl aufpassen sollte dass seine Kameraden kein Bakschisch von Touristen annehmen. Nicht dass da außer uns irgendwer gewesen wäre, deshalb erachteten die tapferen Wachmänner es wohl auch nicht als nötig, das Herumgelümmele zumindest kurzzeitig zu unterbrechen. Letztendlich gab es da aber nicht so furchtbar viel zu sehen, es ging also direkt weiter zum groß angekündigten "War Panorama", bei dem es einer Vorführung irgendeiner Art beizuwohnen galt.

Draußen ein erster martialischer Eindruck. Alles voller Panzer, Artillerie, Flugzeuge. Einige in Wüstentarnung angemalt, die Kanonenrohre siegreich in die Lüfte gereckt, andere in matschigem Grün, die Kanonen gen Boden zeigend. Die Fronten waren klar gesteckt, und das ganze Gebäude diente offensichtlich dem Zweck zu kommemorieren, dass die Ägypter damals im Krieg einen heldenhaft glorreichen Sieg über die Ungläubigen errungen haben. Das Modell oben stand im Eingangsbereich.

Ebenfalls im Eingangsbereich fanden sich Wandtafeln die an frühere ägyptische Großtaten erinnern sollten, dem Besucher sollte offensichtlich vor Augen geführt werden, dass die einstigen Pyramidenbauer in den paar lächerlichen Jahrtausenden nichts verlernt hatten. Durchaus beeindruckend der Laden.
Etwas weniger beeindruckend war dann der vergleichsweise winzige Raum in dem wir gelandet sind, voll mit Ägyptern und nirgends ein anderer Ausländer zu sehen. Entsprechend unvorbereitet war das Personal dann auf unsere mangelhaften Arabischkenntnisse, nach den ersten Minuten Intromusik bekamen wir dann aber auch Funkempfänger mit Kopfhörern, die uns eine übersetzte Fassung des bald einsetzenden Narrativs lieferten. Geschildert wurde der heroische Sieg der Ägypter über Israel, das war aber eher irrelevant. Die Ohren wurden von dem abgelenkt, was den Augen nun geboten wurde. Vor uns befand sich eine Art Terrarium, dessen Boden wohl das israelisch-ägyptische Grenzland darstellen sollte. Darauf ein paar Modelle von Radarstationen und, passend zum Bericht der glorreichen Taten der ägyptischen Luftstreitkräfte zu Beginn des Krieges, ein einzelnes Modellflugzeug das eine Schnur entlang von links nach rechts wanderte. Dann wanderte es rückwärts zurück für den nächsten Angriff, blieb aber in der Mitte stecken. Dazu kamen ein paar Flugzeuge mehr, sowie Raketen, eingespielte Explosionen und sonstige Spezialeffekte aus der Konserve, und Licht das wohl die Fahrzeuge am Boden dynamisch anstrahlen und somit Bewegung suggerieren sollte.
Nach den großen Ankündigungen durch die Führerin war das dann doch etwas dünn. Aber es gab noch mehr, im nächsten Raum zeigte eine Leinwand Filmaufnahmen aus dem Krieg, vermischt mit sehr offensichtlich nachgestellten Szenen. Diesmal ohne übersetzte Fassung für uns, war aber auch nicht so wichtig, der Schock vom vorigen Raum saß noch tief. Nun wieder etwas beruhigt ging es die Treppen hinauf ganz nach oben. Hier zeigte sich dann auch, wieso die anderen Räume nur so klein gewesen waren:

Das gesamte obere Stockwerk war gefüllt von einer Drehbühne, voller Sitzreihen für noch zu indoktrinierende und uns Ausländer. Vor der Drehbühne waren noch ein paar Meter Platz bis zur Wand, gefüllt von Modellen, dahinter die von einem einzigen Gemälde gefüllte Wand. Auf dem Bild oben kann man den Übergang recht gut erkennen, aber auch der Grundtenor der gesamten Vorführung ist eingefangen.
Während die Bühne sich drehte dröhnte in voller Lautstärke immer und immer wieder "Allahu Ackbar" über die Lautsprecher, dazu eine (diesmal wieder für uns in übersetzter Fassung bereitstehende) Darstellung des Oktoberkrieges aus ägyptischer Sicht. Heldenhafte Siege wurden da beschrieben, die halbe israelische Luftwaffe habe man vernichtet, die feigen Israelis hätten reihenweise kapituliert, wären völlig überrumpelt worden, und man habe grandiose Landgewinne gemacht. Gut, dass diese Landgewinne kurz darauf vom Feind zurückerobert wurden und es dann nicht mehr ganz so rosig für die Ägypter aussah braucht man ja hier nicht zu erwähnen. Sowohl aus dem Panorama selbst, als auch aus dem Kommentar (die deutsche Fassung übrigens von einem ausgezeichnet geschulten DDR-Sprecher aufgenommen) geht die eine Weisheit hervor, die die Schulklassen die die Veranstaltung regelmäßig besuchen mitnehmen sollen: Der Jude ist der Feind, Allah ist groß, und die ägyptischen Gotteskrieger sind die besten Soldaten der Welt. Das kann man wohl unkommentiert so stehen lassen.

Im Anschluss kam dann noch eine Tour der Altstadt, inklusive römischer Mauerreste und einer Vielzahl koptischer Kirchen. Das Bild oben stammt aus einer fälschlicherweise "hängend" genannten Kirche, die steht einfach nur ein paar Meter höher als die Straße und ist geringfügig instabil. Das Tuch, sowie alles andere in der Kirche was man irgendwie als Reliquie bezeichnen konnte, wurde von den Kopten zur regen Immunabhärtung genutzt - so viel wie dieses eine Tuch geknutscht wurde ist es ein Wunder dass es überhaupt noch Farbe hat, geschweige denn so viel davon. Deshalb wollen die es wohl auch alle küssen...

In der nächsten (und voraussichtlich letzten) Folge der zwei Idioten in Kairo kommt dann endlich die Abrechnung mit den anderen Touristen, sowie die Beschreibung des sicherlich abenteuerlichen Rückfluges. Ein Spoiler vorweg: Wir wurden bei der Einreise nicht als Terroristen in Gewahrsam genommen.

2 Kommentare:

Madse hat gesagt…

Ihr seid so als Unglaeubige in ne Moschee gekommen? Ohne erst dem falschen Glauben abzuschwoeren und Allah als euren einzigen Gott und Mohammed als seinen Propheten anzuerkennen?

Lorenz hat gesagt…

Gegen (Eintritts-) Geld kommen auch Ungläubige in die Moschee...